Fahrberichte

VW E-Golf: Effizientes Fahren mit Spaßfaktor

VW e-Golf. Foto: VW
Das Heck des Elektro-Golf von VW. Foto: VW

Es war nie günstiger, einen Elektro-Golf zu fahren. Dank Umwelt- und Zukunftsprämie gibt es den Bestseller der Wolfsburger nun fast 12.000 Euro günstiger.
Doch auf so viel Ersparnis kommen leider nur die Kunden, die einen alten Diesel mit der Abgasnorm 1 bis 4 verschrotten lassen. Aber auch die, die keine Verschrottungsprämie bekommen, sollten sich den E-Golf anschauen. Denn der Bestseller der Wolfsburger macht im Alltagstest einen guten Eindruck.

Um es gleich vorwegzunehmen. Der neue Elektro-Golf mit seinem 100 Kilowattstunden starken Elektromotor (plus 15 kW mehr als beim Vorgänger) bringt es nicht auf eine Reichweite von 300 Kilometern. Gaukelt VW den Kunden also falsche Tatsachen vor? Nein, in diesem Fall nicht. Denn die Reichweitenangabe basiert auf dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) – und der hat mit der realen Welt nun einmal nichts gemein.

VW E-Golf mit über 200 Kilometer Reichweite

Daraus machen die Wolfsburger selbst keinen Hehl. Sie sprechen von einer Reichweite unter Realbedingungen von etwas mehr als 200 Kilometern. Trifft das denn zu? Nun ja, es kommt halt darauf an, wo und wie man unterwegs ist.

Fährt man überwiegend in der Stadt mit Teilstücken auf der Landstraße, ist das durchaus zu schaffen. Bei unseren Testfahrten in und um Berlin kamen wir bei einem hohen Stadtanteil auf eine Reichweite von 215 Kilometern. Der Rekuperation sei Dank. So konnte der alltägliche acht Kilometer lange Weg zum Büro zwar nicht energieneutral zurückgelegt werden, doch im Schnitt ging von der Reichweite bei der Abfahrt bis zur Ankunft die Reichweitenanzeige nur marginal je nach Fahrstil um drei bis manchmal vier Kilometer zurück.

Hier liegt dann auch ein besonderer Reiz der E-Mobilität. Man versucht durch einen umsichtigen Fahrstil die Batterie zu schonen, sie möglichst während der Fahrt in der Stadt sogar aufzuladen. Neben dem persönlichen Fahrstil kann man auch durch die verschiedenen Rekuperationsmodi wählen, ob man nun mit maximaler Verzögerung Energie zurück gewinnt oder nur minimal verzögert.

VW Elektro-Golf an der Ladesäule. Foto: VW
Der neue VW Elektro-Golf an der Ladesäule. Foto: VW

Angewählt wird der Rekuperationsmodi über den Schaltknüppel. Wie ökologisch korrekt man unterwegs ist, zeigt einem auf dem Touchscreen-Display in der Mittelkonsole ein Energiemanager an, der auch über ein so genanntes Blue-Score-Ranking verfügt. 100 ist das Maximum dessen, was zu erreichen ist, ich hatte zwischenzeitlich eine 98 auf der Anzeige. Das setzt indes eine sehr bedachte Fahrweise voraus.

E-Golf hat 290 Nm Drehmoment

Das kraftvolle, fast geräuschlose Aggregat des e-Golf stellt die Leistungsfähigkeit moderner Elektromotoren unter Beweis. 100 kW Maximalleistung und ein Drehmoment von 290 Nm sind wirklich nicht schlecht. Das sorgt für eine imposante Beschleunigung von 0 auf 60 in 4,2 Sekunden, bis Tempo 100 km/h vergehen 9,6 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt – für die, die es denn interessiert, bei 150 km/h. Doch Höchstgeschwindigkeit ist bei einem E-Auto eine Sache für sich.

Klar kann man, wenn man will, in diesen E-Golf 150 Stundenkilometer schnell fahren. Doch wer es tut, der sorgt dafür, dass die Batterie merklich belastet wird: man kann der Batterieanzeige quasi zuschauen, wie sie abnimmt. Beim Blick auf die Batterie-Anzeige reduziert man doch ziemlich schnell die Geschwindigkeit, um Energie zu sparen. Damit sind wir beim Verbrauch: er wird mit 12,7 kWh pro 100 Kilometer angegeben, alles natürlich nach dem NEFZ. Also: mit der Realität hat er wenig zu tun.

Doch wie dem auch sei: Irgendwann sind die Lithium-Ionen-Batterien leer und bedürfen einer Aufladung. Dafür braucht macht man an einer der nach wie vor eher selteneren Schnellladestationen eine Stunde, um die Batterie um 80 Prozent aufzuladen. An einer Wallbox vergehen sechs Stunden von 0 auf 100 Prozent. Grundsätzlich ist das mit der Aufladung kein großes Ding, vor allem nicht, wenn man zu den Glücklichen zählt, selbst eine Wallbox in der Garage oder vor dem Haus stehen zu haben. Doch auf mich trifft weder das eine noch das andere zu.

Zahlen als Problem

Also heißt es, eine öffentliche Ladestation anzufahren. Nein, so wenige gibt es in Berlin davon gar nicht mal. Ihre Anzahl ist nicht das Problem, eher der Umstand, wie man zahlen kann. Mit einer EC- oder Kreditkarte geht es nicht, zumindest nicht so, dass man sie schnell zum Zahlen durchzieht.

Man braucht also eine Ladekarte des Betreibers – und da fängt das Problem und das Generve an. So prima die mitgelieferte Charge and Fuel-Card von VW Financial Service auch ist, mit ihr kann man eben nur an ausgewählten Stationen tanken. Diese Stationen werden einem dann zwar auch im Navigationssystem angezeigt. Aber nicht immer passen die Standorte gerade zu den persönlichen Bedürfnissen. Sprich: In der Nähe des Restaurants oder des Supermarktes steht die Säule eines anderen Anbieters. Dann heißt es, sich dessen App herunterzuladen und seine Kreditkarteninformationen einzugeben.

Und dann kann man nur hoffen, dass die App auch gleich nutzbar ist. Für eine Stunde Stromtanken am Savignyplatz in Berlin wird die Kreditkarte dann mal locker mit 4.90 Euro belastet. Das ist eine Ansage, aber immerhin kann man sich damit trösten, dass man sich die Parkgebühren gespart hat. Aber seien wir ehrlich: Wer ein E-Auto fährt und es auch besitzt, der verfügt im Idealfall über eine Wallbox und vor allem nicht nur über eine Ladekarte, sondern weiß um die Probleme. Entsprechend entspannt sich damit auch die Aufladung.

Vielzahl von Assistenzsystemen
Der e-Golf von VW. Foto: VW
Der Elektro-Golf von VW kostet 35.900 Euro. Foto: VW

Der Rest des E-Golfs ist halt so, wie man es vom Bestseller der Wolfsburger kennt. Golf ist halt Golf, ob elektrisch oder mit Verbrenner. Die Verarbeitungsqualität gibt keinen Anlass zur Beanstandung und auch bei den Sicherheitssystemen bringt er all das mit, was der Modulare Querbaukasten des Konzerns so im Angebot hat. Dazu gehört neben einem City-Notbremsassisten mit Fußgängererkennung auch ein Stauassistent (er funktioniert bis Tempo 60 km/h) und ein Emergency Assist. Er sorgt im Falle einer Ohnmacht des Fahrers dafür, dass er möglichst unbeschadet zum Stehen kommt. Das ist alles eine feine Sache.

Doch kommen wir zum Preis: Der liegt für den E-Golf bei stolzen 35.900 Euro. Eigentlich: Denn die Kunden, die ihren alten Diesel mit der Abgasnorm 1 bis 4 verschrotten, erhalten beim Kauf eines E-Golfs von VW neben einer Umwelt- auch eine Zukunftsprämie in Höhe von zusammen 7380 Euro. Rechnet man zu dieser Summe noch den Umweltbonus in Höhe von 4380 Euro hinzu, kommt man auf eine Gesamtprämie von 11.760 Euro. Damit kostet der E-Golf „nur“ noch 24.140 Euro. Bislang war es nie günstiger, einen E-Golf zu fahren.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben Autogazette.de und Autozukunft.de verantwortet er auch das Magazin electrified.

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