Elektro

Harley-Davidson LiveWire: Sie lässt es krachen

Die Harley-Davidson LiveWire kostet unter 33.000 Euro. Foto: Harley-Davidson

Mit der LiveWire bringt Harley-Davidson Anfang kommenden Jahres ein Elektromotorrad auf den deutschen Markt. Für die US-Amerikaner ist das E-Bike ein Leuchtturmprojekt.

Damit ist Harley-Davidson der erste Großserienhersteller, der eine solche Maschine anbietet. Erwartet hätte man ein Elektromotorrad eher von BMW oder Honda. Schließlich gilt die US-Kultmarke wie kaum ein anderer Motorradhersteller der Tradition verpflichtet. Dass die US-Amerikaner statt eines kernigen V2-Motors einen Elektroantrieb verbauen, dürfte manch einem der eingefleischten Harley-Fans wie ein Kulturschock vorkommen. Doch bei Harley hat man erkannt, dass sich auch die zweirädrige Mobilität angesichts des Klimawandels und der sich verändernden Mobilitätsanforderungen ändern muss.

Entsprechend startete man 2014 das Projekt LiveWire mit weltweiten Kundenbefragungen. Bereits vier Jahre später wurde das neue E-Bike präsentiert – und sorgte für ein größtenteils positives Feedback bei der Fachpresse. Ob das auch auf die Kunden zutrifft, bleibt abzuwarten. Absatzzahlen liegen bislang noch nicht vor. Die ersten Maschinen werden gerade in den USA ausgeliefert. In Europa kommt die LiveWire Anfang kommenden Jahres auf den Markt.

LiveWire kostet rund 33.000 Euro

Zur Zahl der Vorbestellungen schweigt man sich bei Harley-Davidson aus. Mit einem Preis von in Deutschland rund 33.000 Euro ist die LiveWire ohnehin „keine auf maximale Stückzahlen ausgelegte Cashcow“, sagt Lisa Happ, die Marketing-Verantwortliche bei Harley-Davidson Deutschland, bei der Europapremiere des Bikes in Barcelona. Vielmehr sei die LiveWire ein „Leuchtturmprojekt“. Mit ihm wolle man zeigen, wozu die Ingenieure bei Harley-Davidson in der Lage sind, fügt Happ hinzu.

Die Harley-Davidson LiveWire kostet 33.000 Euro. Foto: Harley-Davidson

In der ersten Welle der Markteinführung wird es sich nur um kleine Stückzahlen handeln, die auf den deutschen Markt kommen und von ausgewählten Händlern vertrieben werden, sagt Happ. Deutschland ist nach den USA übrigens der zweitgrößte Markt. Hier wurden bis November 10.121 Harley-Davidson Motorräder neu zugelassen. Damit konnte der Hersteller bereits zum vierten Mal in Folge die Marke von 10.000 Einheiten überbieten. Bestseller auf den deutschen Markt sind bislang die Street Bob, die Sport Glide und die Forty-Eight. Weltweit setzte Harley-Davidson nach den ersten drei Quartalen fast 180.000 Einheiten ab.

Kompaktes Design

Wie sich die LiveWire in Deutschland behaupten wird, bleibt angesichts ihres hohen Preises abzuwarten. Zwar sind Harley-Kunden zahlungsbereit – durchschnittlich geben sie für ihre Maschine zwischen 24.000 und 25.000 Euro aus – doch die rund 33.000 Euro der LiveWire sind eine Ansage. Sie dürfte selbst von der Elektromobilität überzeugte Kunden abschrecken. Abseits ihres Preises bringt die LiveWire alles mit, ein Erfolg zu werden.

Das Design ist kompakt und die Verarbeitung ausgesprochen wertig, wenn man einmal von den größeren Spaltmaßen der Tankverkleidung unserer Testmaschine absieht. Wenn es denn etwas zu mäkeln gibt, dann ist es der zu geringe Abstand zwischen Gasgriff und Rückspiegel. Aber ansonsten weiß die LiveWire zu gefallen. Vor allem ab dem Moment, ab dem man auf ihr Platz genommen hat. Selbst mit einer Körpergroße von 1,91 sitzt man auf ihr ausgesprochen komfortabel. Die Ergonomie passt.

Wer gegebenenfalls mit Vorbehalten ein E-Bike wie die LiveWire bestiegen hat, wird nach den ersten Kilometern eines besseren belehrt. Wer den Gasgriff der fast 250 Kilogramm schweren LiveWire aufdreht, der wird mit einer Vehemenz nach hinten gedrückt, dass es eine wahre Wonne ist. Der Elektromotor stellt seiner Fahrerin und seinem Fahrer eine Leistung von 106 PS zur Verfügung.

Radstand 1,49 Meter
Die Harley-Davidson LiveWire ist das erste E-Bike des US-Herstellers. Foto: Harley-Davidson

Wie man es bereits von Elektroautos kennt, liegt das maximale Drehmoment sofort an – bei der LiveWire sind es 116 Nm. So werden Fahrerin und Fahrer ermahnt, beim Dreh des Gasgriffes mit Bedacht vorzugehen. Denn die nächste Kurve tauchte selten so schnell vor einem auf, wie auf der LiveWire. So ist in etwas mehr als drei Sekunden Tempo 100 erreicht, die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 177 km/h an. Wenn es darum geht, die LiveWire schnell zum Stillstand zu bringen, ist auf die Brembo-Bremsen mit ihrem 300 mm großen Scheiben Verlass.

Für den Rest an zusätzlicher Sicherheit sorgen eine Anti-Schlupfregelung, eine Kurven-Traktionskontrolle und ein Kurven-ABS. Daneben kann der Fahrer auch unter sieben Fahrmodi (Road, Sport, Rain, Eco) wählen, drei sind frei konfigurierbar. Die Fahrdynamik der LiveWire ist nicht zu beanstanden. Mit ihrem Radstand von 1,49 Metern liegt sie satt und dank der Showa-Komponenten komfortabel auf der Straße.

Und wie schaut es mit der Reichweite aus? Sie liegt bei fast 158 Kilometer (WMTC) beziehungsweise 235 Kilometer, wenn man überwiegend in der Stadt unterwegs ist. Wenn die 15,5 kWh starke Batterie leer ist, vergehen bis zu einer Aufladung an einer Schnellladestation eine Stunde. Wer die Batterie an einer Haushaltssteckdose aufladen will, der benötigt dafür 12,5 Stunden. Nach einem Vormittag auf der neuen LiveWire bleibt der Eindruck, dass Harley mit ihr ein stimmiges und begeisterndes E-Bike auf den Markt bringt. Jetzt bleibt abzuwarten, wie viele Kunden bereit sein werden, für diesen emotionalen Kick fast 33.000 Euro auf den Tisch des Händlers zu legen.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben Autogazette.de und Autozukunft.de verantwortet er auch das Magazin electrified.

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