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Niu: Vom Müßiggang zum Erfolgsschlager

Token Hu und Li Yann haben Niu nach vorn gebracht. Foto: Flehmer
Die Niu-Präsidenten Token Hu und Li Yann. Foto: Flehmer

Vor zwei Jahren hat Niu die ersten von mittlerweile über 300.000 verkauften Elektro-Scootern in den Markt eingeführt. Die Geschichte beginnt mit einem jungen Mann in Schanghai, dem das Fahrradfahren zu beschwerlich wurde.

Müßiggang ist nicht immer aller Laster Anfang, sondern kann manchmal auch gewisse Kreativität und Innovation fördern. Als 16-Jähriger legte Token Hu in Shanghai seinen Fahrten ins rund vier Kilometer entfernte Büro mit dem Fahrrad zurück. Der angehende Designer hatte dabei stets zu schleppen.

„Meine Utensilien wie Laptop und Kamera waren so schwer, dass ich eine neue Lösung überlegte“, sagt Token Hu der Autozukunft, „die Lösung für mich selbst war ein Elektro-Scooter. Doch die 2010 angebotenen Scooter sahen nicht attraktiv aus. Zudem kosteten die Batterie-Packs damals zwischen 1500 und 2000 Euro und waren somit recht teuer.“

Prototyp aus verschiedenen Teilen

Die Suche nach einer vernünftigen Lösung dauerte deshalb noch weitere drei Jahre an. „Im Jahr 2013 waren zwar viele verschiedene Elektro-Roller unterwegs, allerdings waren diese nur Eins-Zu-Eins-Kopien der Scooter, die es schon gab. In der E-Scooter Industrie hatte sich nicht viel verändert.“

So legte Token selbst Hand an. Er bat einen befreundeten Designer, ein schönes Zweirad zu kreieren. „Wir haben dann aus verschiedenen Teilen – auch von BMW – einen Scooter gefertigt.“

Der Scooter kam dann so gut an, dass aus dem Prototypen einen Serienproduktion wurde. Am 1. Juni 2015 präsentierte dann Yan Li als Präsident der neu gegründeten Marke Niu vor 1000 geladenen Gästen den Elektroroller N1. Zwei Wochen später starteten dann Yan Li und Vizepräsident Token Hu eine Crowdfundig-Verkaufsaktion, deren Erfolg wohl nicht nur das Duo überraschte.

3700 Niu N1 in ersten zwei Wochen verkauft

Innerhalb von etwas mehr als zwei Wochen wurden Roller im Wert von über zehn Millionen Euro vorverkauft. Damit zählt die Aktion noch heute zu den zehn erfolgreichsten Crowdfunding-Aktionen. Nimmt man den in Deutschland zugrunde gelegten Preis von knapp 2700 Euro pro Roller, hatte das Unternehmen die ersten 3700 Roller im Schnelldurchgang verkauft.

Der Erfolg setzte sich fort. „In den zwei Jahren haben wir mehr als 300.000 elektrische Scooter verkauft“, sagt Yan Li der Autozukunft. Was viel klingt, erscheint im Gesamtgefüge des großen Landes als sehr klein. Allein in China verkehren rund 25 Millionen elektrische Scooter, „Niu hat also gerade einmal einen Marktanteil von zwei Prozent“, so Yan Li weiter.

Dieser Marktanteil soll aber ausgebaut werden. Rund 42 Minuten dauert die Produktion eines Scooters. Auf vier Bändern entstehen so zwischen 2000 und 3000 Elektroroller. Auf das Jahr gesehen soll die Produktion auf 500.000 Einheiten ansteigen. Dann wird auch eine zweite Fabrik in Südost-Asien eröffnet. In Süd- oder Nordamerika soll zudem auch ein Produktionsstandort entstehen. Auch für Europa ist eine Fabrik denkbar, laut Yan Li „aber nicht vor 2019.“

Neue Modelle auf der EICMA

Dafür plant Niu neben rund 400 Standorten in Europa auch noch so genannte Flagship Stores in Barcelona, Amsterdam und Mailand. Auch für Berlin sei ein Store denkbar. In Deutschland selbst steht die Marke aus China erst am Anfang. Anders als bei den Autos bereitet die schlechte Ladeinfrastruktur den Zweirädern keine Probleme. Denn der Elektroroller kann zum einen direkt am Stromkabel angeschlossen werden. Zum anderen kann der Akku aber auch herausgenommen werden und daheim oder im Büro während der Arbeitszeit aufgeladen werden.

Probleme sieht die junge Mannschaft aber auch sonst nicht. Im Gegenteil: Neue Modelle werden kommen „mit mehr Leistung und Reichweite“ sagt Token Hu, der bei der Angabe der Leistungsdaten von seinem Kollegen gebremst wird. Die werden erst Anfang November auf der Motorradmesse EICMA in Mailand bekannt gegeben, wenn die Chinesen sich wieder auf Tour durch Europa begeben. Von Müßiggang ist nichts mehr zu sehen.

 

Über den Autor

Thomas Flehmer

Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam noch das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit Beginn 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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