Fahrberichte

VW Elektro-Golf: Mit mehr Reichweite zum Erfolg

VW hat die Reichweite des Elektro-Golf verdoppelt. Foto: VW
Der neue VW e-Golf hat eine Reichweite von 300 Kilometer. Foto: VW

VW hat dem Elektro-Golf mehr Reichweite verpasst. Doch wird das helfen, dem Wolfsburger Bestseller zu einem größeren Absatz zu verhelfen?

Denn auch die Kaufprämie für Elektroautos konnten keinen Run auf E-Autos auslösen, sie ist ein Flopp. Mit einem Zuschuss von 4000 Euro wollte die Regierung mit den Autobauern der Elektromobilität einen Schub verleihen und das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 zumindest nicht komplett verfehlen.

Doch per Februar gingen beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gerade einmal 12.650 Anträge ein. Entsprechend hat sich Ernüchterung breit gemacht, dass es zum gewünschten schnellen Erfolg der emissionsfreien Mobilität kommen wird. Das spürt auch Volkswagen mit seinem Elektro-Golf. Als Verbrenner ist er ein Bestseller: Von seinen sieben Generationen wurden bisher 33 Millionen Fahrzeuge verkauft, im Vorjahr allein weltweit 980.000 Fahrzeuge. Mit seinen Elektrofahrzeugen und seinen Plug-in-Modellen jedoch rangieren die Wolfsburger derzeit mit 1241 Anträgen für die Kaufprämie im Herstellerranking gerade einmal auf Platz vier. Angeführt wird die Liste von BMW (3612), Renault (2189) und Audi (1698).

Reichweite verdoppelt

Aber in Wolfsburg zeigt man sich in diesen Tagen zuversichtlich, dass diese Zahlen mit dem Start des neuen Elektro-Golfs (ab 35.900 Euro) und des Golf GTE (ab 36.900 Euro) anziehen. Dazu hat man dem E-Golf 50 Prozent mehr Reichweite verpasst. So stieg der Energiegehalt der Lithium-Ionenn-Batterie von 24,2 kWh auf 35,8 kWh an. Damit stehen statt den bisherigen 190 Kilometern theoretisch 300 Kilometer zur Verfügung.

Doch mit dieser nach dem unrealistischen Prüfzyklus NEFZ ermittelten Wert geht VW selbst nicht hausieren, spricht von einer Reichweite unter Alltagsbedingungen von 200 Kilometern. Unter Alltagsbedingungen heißt nichts weiter, als dass die Reichweite vom persönlichen Fahrstil, dem Fahrprofil oder der Nutzung der Klimatisierung beeinflusst wird. Doch was ist von dieser Reichweiten-Ansage zu halten?

200 Kilometer realistisch

Wir konnten diese Aussage anhand der Länge unserer Teststrecke zwar nicht final klären, doch nach einer Testfahrt von 103 Kilometern zeigt der Bordcomputer eine Restreichweite von 123 Kilometern an. Mit einer umsichtigen Fahrweise und einer entsprechenden Rekuperation – insgesamt stehen dafür vier unterschiedlich starke Rekuperationsstufen parat – dürften damit die avisierten 200 Kilometer ein realistischer Wert sein.

Damit avanciert der E-Golf zwar nicht zu einem Erstfahrzeug, doch Angst vor fehlender Reichweite im Alltagsgebrauch braucht man nicht zu haben. Für einen effizienten Fahrstil in diesem E-Golf sorgt zudem ein prädiktives Navigationssystem, dass dem Fahrer anhand der hinterlegten Streckendaten die Infos über das Multifunktionsdisplay gibt, beispielsweise bei Tempolimits oder Bergabfahrten den Fuß vom Gaspedal zu nehmen, um so Energie zu sparen.

Doch was ist, wenn ich in den Urlaub fahren oder die Fahrt ins verlängerte Wochenende antreten will? Kein Problem, dafür offeriert VW seinen Kunden für die ersten zwei Jahre nach Erstzulassung einen Mobilitätsservice: er ermöglicht es den Kunden, sich beim heimischen VW-Händler für diesen Zweck ein Fahrzeug aus der Modellpalette (außer dem Touareg) auszusuchen. Es kann pro Jahr bis zu 30 Tage genutzt werden. Mit diesem Angebot dürfte ein weiterer Grund wegfallen, sich kein E-Auto zuzulegen.

Wallbox wird empfohlen

Ohnehin kann jedem empfohlen werden, einmal E-Auto zu fahren. Er wird dieses Gefühl der geräuscharmen und zumindest lokal emissionsfreien Mobilität schnell zu schätzen wissen. Denn E-Mobilität bedeutet keinen Verzicht auf Fahrspaß – ganz im Gegenteil. Das trifft auch auf diesen E-Golf zu, dessen Leistung von 115 PS auf nun 136 PS gesteigert wurde, während das maximale Drehmoment um 20 Nm auf 290 Nm anstieg. Sie liegen, wie bei E-Autos üblich, sofort an und sorgen dafür, dass der Sprint auf Tempo 100 in 9,6 Sekunden erledigt ist. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 150 km/h abgeregelt, damit die Batterie sich nicht in erschreckender Schnelle den 0 Prozent annähert.

Damit wären wir auch schon bei der Ladezeit. An einer herkömmlichen Haushaltssteckdose sollen 13:15 Stunden vergehen, um die Batterie von 0 bis 80 Prozent aufzuladen. Um 100 Prozent zu erreichen, sind es 17 Stunden. Doch das ist eine Zeit, die wohl keinen Kunden befriedigen dürfte. Deshalb rät auch VW zum Erwerb einer Wallbox mit einer Leistung von 7,2 kWh (zwischen 800 und 1000 Euro). Wird der E-Golf an die Wallbox gehängt, vergehen nur noch 4:15 Stunden bis zum Erreichen der 80 Prozent-Marke. An einem so genannten Combined Charging System (CSS) mit 40 kW sind es nur 45 Minuten. Ein Hersteller-Konsortium mit BMW, Mercedes, Ford und VW ist gerade dabei, europaweit Tausende CCS-Ladestationen zu schaffen, damit das Problem der Ladeinfrastruktur behoben wird und so die Kunden noch schneller geneigt sind, ein E-Auto in ihre Kaufentscheidung mit einzubeziehen.

Optimierte Hybridstrategie beim Elektro-Golf

VW e-Golf an der Ladesäule
Der neue VW e-Golf an der Ladesäule. Foto: VW

Natürlich wird es auch weiter Kunden geben, denen trotz dieses Mobilitätsangebotes 200 Kilometer einfach zu wenig sind. Doch für dieses Klientel offeriert VW den Golf GTE, eine Plug-in-Variante. Die Systemleistung des 1.4 TSI-Benzinmotors und des Elektromotors liegen bei 204 PS. Er ermöglicht eine reine elektrische Reichweite von 50 Kilometern. Wer also in der Stadt den E-Mode-Schalter drückt, kann lokal emissionsfrei und mit grünem Gewissen durch die City cruisen.

Wie auch der E-Golf ist auch der GTE mit einem prädiktiven Navigationssystem unterwegs. Ist man im Modus „Hybrid“ unterwegs, wird durch die Auswertung der Strecken- und GPS-Daten die Hybridstrategie optimiert. Sprich: Nähert man sich einer Ortseinfahrt, wird der E-Motor aktiviert. Fährt man auf der Landstraße, übernimmt vor allem der TSI-Motor die Arbeit. Die Fahrt im GTE sorgt dafür, dass der Fahrer eine ganz neue Art des Fahrspaßes für sich entdeckt. Nämlich die, die Batterie wieder durch seinen Fahrstil und die verschiedenen Rekuperationsmöglichkeiten aufzuladen. Energiemanagement als Spaßfaktor.

Man darf nun gespannt sein, ob es VW mit dem Elektro-Golf und GTE im Herstellerrankings gelingt, sich von Platz vier nach vorne zu schieben. Bei allen Vorteilen, die der neue Elektro-Golf auch bietet: Während ein BMW i3 allein durch sein Design ein Statement setzt, sieht auch der Elektro-Golf nach wie vor wie ein Golf aus. Aber vielleicht kann dieses Understatement ja letztlich seine große Stärke sein.

Über den Autor

Frank Mertens

Nach dem Sport- und Publizistikstudium hat er sein Handwerk in einer Nachrichtenagentur (ddp/ADN) gelernt. Danach war er jahrelang Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele (Sydney, Salt Lake City, Athen) als Berichterstatter begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das bloße Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche. Neben Autogazette.de und Autozukunft.de verantwortet er auch das Magazin electrified.

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