Fahrberichte

Opel Ampera-e: Ende der Reichweitenangst

Das Elektroauto Opel Ampera-e. Foto: Opel
Der Opel Ampera-e nimmt die Angst vor fehlender Reichweite. Foto: Opel

Die Verkaufszahlen für Elektroautos bleiben hinter den Erwartungen zurück. Doch mit dem Opel Ampera-e könnte sich das nun zumindest ein wenig ändern.

Denn das Elektroauto des Rüsselsheimer Autobauers hat die Ängste der Kunden vor einer zu geringen Reichweiten genommen. Nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) sind mit ihm bis zu 520 Kilometer mit einer Ladung möglich, das bald geltende Testverfahren nach dem WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) weist immerhin noch eine Reichweite von 380 Kilometern aus. Damit sticht der Opel Ampera-e die Konkurrenz von Renault Zoe bis BMW i3 um Längen aus und hält genug Strom auch für weitere Strecken außerhalb des urbanen Lebensraumes bereit, auf den die rein elektrischen Fahrzeuge bisher fokussiert schienen.

Unterwegs mit 360 Newtonmeter Drehmoment

Während der ersten Testfahrten in der Umgebung von Oslo spielte die Reichweite so auch nur eine untergeordnete Rolle und wurde erst am Ende auf den Wahrheitsgehalt untersucht und schnell abgehakt. Denn mit einer Reichweite von 385 Kilometern zum Start der Fahrten ausgestattet, standen am Ende der rund 146 Kilometer langen Reise durch die Stadt, über Landstraßen und Autobahnen sowie dem Anstieg zum legendären Holmenkollen immer noch 264 Kilometer zur Verfügung.

Viel wichtiger ist, in welcher Art und Weise die Reichweite erzielt wurde. Hier spielt der 150 kW/204 PS starke Ampera-e sein Drehmoment von 360 Newtonmetern aus, die von Beginn an zur Verfügung stehen und den immerhin 1,7 Tonnen schweren Kompakten innerhalb von 3,2 Sekunden auf 50 und innerhalb von 7,3 Sekunden auf Tempo 100 bringen. Dabei fühlt sich die Beschleunigung noch viel schneller an und verwandelt den 4,17 Meter langen Kompakten in einen kleinen Sportler. Auch Überholvorgänge laufen sehr zügig ab. Die Differenz zwischen 80 und 120 km/h wird innerhalb von 4,5 Sekunden überbrückt. 30 Stundenkilometer schneller kann der Ampera-e dann noch fahren, was auf den norwegischen Straßen leider regelkonform nicht ausgetestet werden konnte.

Batterie wiegt 430 Kilogramm

Display der Batterieanzeige im Opel Ampera-e
Batterieanzeige im Opel Ampera-e. Foto: Opel

Das Fahrwerk passt sich den dynamischen Ambitionen an. Die 430 Kilogramm schwere Batterie mit starken 60 Kilowattstunden ist unterflurig verbaut und sorgt so für einen niedrigen Schwerpunkt, mit dem dann auch Kurven sehr sportlich genommen werden können, sodass der Beifahrer das ein oder andere Mal auf den Griff über der Beifahrertür behelligen muss.

Komfortabel sitzen alle bis zu fünf Personen. Der 4,17 Meter lange Ampera-e bietet 2,60 Meter Radstand und somit auch den drei Personen im Fond genügend Beinfreiheit. Hinzu kommt, dass der Mitteltunnel entfallen ist und für die in der Mitte sitzende Person ein kommodes Sitzen erlaubt. Durch die unterflurig eingebaute Batterie wird auch das Kofferraumvolumen von klassenüblichen 381 bis 1274 Litern nicht eingeschränkt.

Vorne versorgt ein acht Zoll großes Display im Armaturenbrett den Fahrer mit den nötigen Informationen, ein 10,2 Zoll großer Touchscreen beinhalten Infotainment und Co. Natürlich dürfen im Ampera-e IntelliLink oder AppleCarplay sowie das Telematiksystem Onstar ebenso wenig fehlen wie die wichtigsten Fahrsicherheitsassistenten. Per App kann aus der Ferne der Fahrzeugstatus abgerufen, das Navi eingestellt oder Wagen und Sitze vorgeheizt werden. Dabei ist es  egal, ob der Stromer gerade geladen wird oder nicht.

Geduld beim Laden

Und da bäumt sich die nächste Hürde auf. Denn um die 60 Kilowattstunden zu laden, muss viel Geduld mitgebracht werden. Der gemeinsam mit dem sehr verwandten Schwestermodell Chevrolet Bolt gefertigte Ampera-e hat dabei den in den USA einphasigen Wechselstromlader mit maximal 7,5 Kilowattstunden Ladekraft. Opel tut sich schwer, genaue Ladezeiten zu benennen, verweist aber darauf, dass beim kommenden Standard mit CCS-Gleichstromladesäulen 150 Kilometer Reichweite innerhalb einer halben Stunde nachgeladen werden können.

Allerdings sind diese Schnellladesäulen noch recht selten, die fehlende Infrastruktur bildet immer noch eine weitere Hürde, um den Durchbruch zur Elektromobilität zu forcieren. Opel wird auch eine Wallbox für den heimischen Gebrauch zur Verfügung stellen.

Geringe Verfügbarkeit an Fahrzeugen

Der neue Opel Ampera-e
Das Heck des neuen Opel Ampera-e. Foto: Opel

Auf dem Weg zum Ziel müssen aber noch weitere Hindernisse überwunden werden. Da ist zum einen der Preis von 39.330 Euro, der sich nach Abzug der Förderung bei 34.950 Euro für ein in der Basis schon gut ausgestattetes Fahrzeug einpendelt. Allerdings bietet Opel zum Start lediglich die Topvariante First Edition mit Ledersitzen und Metalliclackierung, die mit 44.060 Euro in der Liste steht und nach Abzug der Prämie 39.680 Euro kostet.

Dass nur die Topversion angeboten wird, liegt an der geringen Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Das ist eine weitere Hürde. Deshalb bietet Opel den Stromer zunächst nur in Norwegen, Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden an. Allein 4000 Vorbestellungen liegen aus dem Stromer-Vorzeigeland im Norden Europas vor, wie viel Ampera-e für den deutschen Markt zur Verfügung stehen, ist noch unklar. Bei der Registrierung zur Vorbestellung müssen die Kunden einen noch nicht fest stehenden Betrag in Vorkasse leisten. Am Ziel ist der Ampera-e trotz des erfolgten Verkaufsstarts also noch lange nicht, was schade ist. Denn die ersten Hürden hat der Ampera-e mit Bravour genommen.

Über den Autor

Thomas Flehmer

Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam noch das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit Beginn 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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